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Die Rolle der Larventherapie beim Debridement schlecht heilender Wunden

Schon seit vielen hundert Jahren ist die positive Wirkung von Larven in chronischen Wunden bekannt. Im klinischen Alltag spielen diese kleinen, widerstandsfähigen Tiere eine gewichtige Rolle. Sie sind in der Lage eine Wunde innerhalb weniger Tage zu debridieren. Wie sie das erreichen, wollen wir heute näher beleuchten.

Die extrazelluläre Matrix (EZM) der Haut sorgt für einen kontinuierlichen Zellumsatz, der durch proteolytische Enzyme, auch Proteasen genannt, abgebaut und neu synthetisiert wird. Diese Proteasen wiederum werden von Proteaseinhibitoren kontrolliert, die das Gleichgewicht aufrechterhalten. So kann der natürliche Heilungsprozess des Körpers bei einer akuten Wunde ablaufen.

Chronische Wunden folgen nicht diesem natürlichen Muster und stellen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte oder Wundtherapeut*innen vor besondere Herausforderungen. Die EZM ist in einer chronischen Wunde nicht physiologisch und die Neubildung von Zellen ist gestört. Die Entzündungsphase ist erheblich verlängert und die Wunde stagniert.

Das Ziel des Behandelnden muss es sein, wieder eine gesunde EZM herzustellen und so die Proliferation der Wunde zu fördern. Wenn eine Wunde im Entzündungsstadium stagniert, entstehen Barrieren in Form von Schorf, Nekrosen, Fibrinbelägen und Biofilm. Diese Bakterienkolonien bieten einen Nährboden für Infektionen, wodurch die Wunden für die betroffenen immer unangenehmer und für die Therapeuten immer schwieriger zu versorgen werden. Die Entfernung von Heilungshindernissen durch ein schnelles, gründliches und gleichzeitig schonendes Debridement ist also die Grundvoraussetzung für die Heilung einer chronischen Wunde. Es gibt eine Reihe von Debridementverfahren mit unterschiedlichen Vorteilen und Grenzen. Wir wollen uns darauf konzentrieren, wie Larven in einer chronischen Wunde wirken.

Wie wir bereits besprochen haben, können chronische Wunden eine Herausforderung darstellen. Die kranke EZM wird durch ein Ungleichgewicht von Proteasen und Proteaseinhibitoren verursacht. Larven bedienen sich für ihre Verdauung derselben proteolyischen Enzyme, derer sich auch unser Körper für Abbauprozesse bedient. Das macht Larven zu einem fantastischen Partner für die Beseitigung von avitalem Gewebe.

Larven debridieren eine Wunde, indem sie Enzyme absondern, die es ihnen ermöglichen, nekrotisches Gewebe zu verflüssigen und aufzunehmen. Patient*innen stellen immer wieder die Frage, ob sich Larven durch die Wunde “fressen”. Larven verfügen jedoch über keinerlei Beiß- oder Kauwerkzeuge. Vielmehr verdauen sie ihre Nahrung außerhalb ihres Körpers und nehmen sie erst dann in flüssiger Form auf. In der Literatur wird dieser Vorgang gerne als Biochirurgie bezeichnet. Durch die Aufnahme von verflüssigtem, avitalem Gewebe wachsen Larven erheblich. Durch ihre Bewegung auf dem Wundgrund, die mit kleinen Widerhaken, sogenannte Mandibeln erfolgt, lockern sie dieses Gewebe zusätzlich auf.

Larven müssen in der freien Natur schnell an Größe zunehmen um sich dann verpuppen zu können. Durch diesen enormen Appetit können Larven Wunden in wenigen Tagen komplett debridieren. Dabei sind sie aber nicht in der Lage, gesunde, vitale menschliche Zellen zu verdauen. Neu entstehendes Gewebe wird nicht angegriffen. Die Entfernung avitalen Gewebes ist aber nicht alles, was Larven für die Wundheilung leisten. Gleichzeitig bekämpfen sie in der Wunde aktive Keime und die von ihnen gebildeten hartnäckigen Biofilme. So können sie Wundinfektionen verhindern und bekämpfen, was wiederum helfen kann, den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren.

Das sind sehr erstaunliche Leistungen für so kleine Lebewesen.

Referenzen

Dowsett C & Newton H 2005 ‘Wound bed preparation: TIME in practice’, Wounds UK

Gibson D, Cullen B, Legerstee R, Harding KG & Schultz G 2009 ‘MMPs made easy’ Wounds UK, vol. 1, issue. 1

Orsted HL, Keast D, Forest-Lalande L & Françoise Mégie M 2004 ‘Basic Principles of Wound Healing’, Wound Care Canada, vol. 9, no. 2

Vowden K & Vowden P 2011 ‘Debridement made easy’, Wounds UK, vol. 7, issue. 4

Yamni N ‘Larval Therapy: The evolution of Scientific evidence in wound bed preparation’, Wounds UK Annual Conference, November 2013, Harrogate International Centre

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